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Die trockene Form der AMD - Grundlagen-Information

In der Zeitschrift für praktische Augenheilkunde, Nr. 35 (2014) haben Dr. Schmitz-Valckenberg, Dr. Fleckenstein, Dr. Göbel, Dr. Lindner, Dr. von Strachwitz und Prof. Holz einen grundlegenden Artikel über die „Trockene AMD“ unter dem Titel „Geografische Atrophie - Differentialdiagnose, Verlauf und aktuelle Therapieansätze“ veröffentlicht. Dieser Artikel beschreibt den aktuellen Forschungsstand und die Bedingungen für künftige Studien.
Diesen Artikel haben wir sprachlich überarbeitet und versucht, ihn von medizinischer Fachsprache in Alltagsdeutsch zu übersetzen.
Es lohnt sich, diese Information zu lesen - Nichts desto trotz – dieser Text ist eine Herausforderung.

Zusammenfassung:
- Was umgangssprachlich als trockene AMD bezeichnet wird, ist medizinisch zu unterscheiden in eine Frühform mit einigen Ablagerungen von Abbauprodukten in der Netzhaut (Drusen), einer Zwischenform und einer Spätform mit flächigem Schwund von Netzhautgewebe (der geografischen Atrophie).
- Die geografische Atrophie als Spätform der trockenen altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) stellt eine fortschreitende Erkrankung dar. Sie ist durch die Entwicklung und die zunehmende Ausdehnung von flächigen Gewebsanteilen der Netzhaut gekennzeichnet, in deren Gebiet die Sehfunktion im Sinne von Gesichtsfeldeinschränkungen erloschen ist.
- Die trockene AMD und die feuchte AMD können gleichzeitig an einem Auge auftreten.
- Die Krankheitsverläufe sind bei den Patienten sehr unterschiedlich. Um die verschiedenen Verläufe besser kennen zu lernen und behandeln zu können, sind weitere Studien nötig.
- Derzeit werden eine Vielzahl an klinischen Studien zur Prüfung von Wirksamkeit und Sicherheit von Arzneimitteln auch bei der geografischen Atrophie durchgeführt. Das Ziel dieser Studien ist es, die Entwicklung von AMD-Spätformen hinauszuzögern oder zu verhindern.
Am Ende der Ausführungen befindet sich ein Glossar mit einer Vielzahl medizinischer Fachbegriffe, die im Zusammenhang mit der AMD auftauchen können, und deren Umschreibung in verständlichem Deutsch.

Der ausführliche Artikel
In diesem Artikel haben wir die medizinischen Fachausdrücke in Klammern gesetzt. So können Sie diese Begriffe bei Gesprächen mit Ratsuchenden oder Ärzten „übersetzen“ und verstehen bzw. verständlich erklären. Der Begriff „geografische Atrophie“ ist der Kernbegriff dieses Artikels und wird teilweise ohne Übersetzung verwendet: er bezeichnet die Spätform der trockenen AMD, die sich in einem flächigen Schwund von Netzhautgewebe zeigt, der geografischen Atrophie.

Die AMD
Die altersabhängige Makuladegeneration (AMD) ist eine fortschreitende Netzhauterkrankung mit dem Abbau von Zellteilen mit Beteiligung vor allem der Makula, also dem Netzhautbereich, der für die zentrale Sehschärfe und das Farbensehen verantwortlich ist. Die Häufigkeit der AMD nimmt mit zunehmendem Lebensalter zu. Nach zurückhaltenden Hochrechnungen sind in Deutschland etwa 3,5 Mio. Einwohner über 55 Jahren von einer AMD betroffen.
Abhängig von Merkmalen, die mittels Augenspiegel (Ophthalmoskopie) zu sehen sind, und Krankheitsstadien kann die AMD in verschiedene Untergruppen eingeteilt werden. Bei der fortgeschrittenen AMD werden zwei Formen unterschieden: geografische Atrophie („trocken“) und die neovaskuläre („feuchte“) AMD.
Allerdings gibt es keine trennscharfe Abgrenzung zwischen trockener und feuchter AMD. Beide Formen können sich im gleichen Auge entwickeln.

Die trockene AMD wird in drei Formen unterteilt:
1 – Frühform
Frühe Merkmale der AMD, die dem Augenarzt bei der Untersuchung auffallen können, sind Ablagerungen von Abbau-Material unter der Netzhaut (Drusen) sowie farbliche Veränderungen am Augenhintergrund (Pigmentveränderungen). In Frühstadien verursacht die AMD in der Regel nur geringfügige Seheinschränkungen. Diese Frühform der trockenen AMD ist durch viele kleine (weniger als 63 µm) oder mindestens eine mittlere (intermediäre:63 bis 125 μm) Druse gekennzeichnet.
- Zur Erläuterung: Die hintere Wand des Auges wird durch drei Schichten gebildet: Die Netzhaut (Retina), die Aderhaut (Chorioidea) und die Lederhaut (Sklera). Einzelne Teile der Netzhaut sind die Fotorezeptoren, die Bruch’sche Membran und das retinale Pigmentepithel (RPE).
2 – Zwischenform
Bei der Zwischenstufe (der sogenannten intermediären AMD) liegen viele mittlere oder mindestens eine große Druse (125 μm oder größer) vor, die häufig von dunklen oder hellen Verfärbungen der Netzhaut begleitet werden.
3 - Spätform
Die Spätform der trockenen AMD (geografische Atrophie) als ein fortgeschrittenes trockenes Stadium (im Gegensatz zur feuchten AMD) ist durch den Verlust der Fotorezeptoren sowie den Abbau der zweiten Netzhautschicht (des retinalen Pigmentepithels) und von Teilen der Gefäßschicht der Aderhaut gekennzeichnet.
Etwa 35% der durch AMD verursachten Blindheit im Sinne des Gesetzes ist durch die geografische Atrophie bedingt.
Es scheint wahrscheinlich, dass die Spätform der trockenen AMD (geografische Atrophie) zwangsläufig im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung entsteht, während die Entwicklung der feuchten AMD (neovaskuläre AMD) eine mögliche zusätzliche Ausbildungsform darstellt. Beide Formen können sich im gleichen Auge entwickeln.
Diese Annahme wird zunehmend durch die Erfahrungen untermauert, die bei der Therapie der feuchten AMD durch Injektion der Wachstums- oder VEGF-Hemmer (VEGF = „vascular endothelial growth factor“ – lokaler Wachstumsfaktor der Gefäßneuenstehung; zurzeit werden hierfür Lucentis, Avastin und Eylea eingesetzt). Im Verlauf der Therapie können zwar die Symptome der feuchten AMD (die neovaskuläre Prozesse) erfolgreich zurückgedrängt werden, aber je länger diese Therapie und die Erkrankung verlaufen, um so eher treten Abbauprozesse mit Ausbildung von Formen der trockenen AMD (der Netzhautatrophie) in den Vordergrund.

Risikofaktoren
Die AMD ist in den Industrieländern die häufigste Ursache für Blindheit im Sinne des Gesetzes bei Menschen über 55 Jahren. Zu den Risikofaktoren für die AMD zählen erhöhtes Lebensalter, Rauchen und Ernährungsgewohnheiten sowie eine genetische Veranlagung.
In mehreren Studien wurde ein direkter Zusammenhang zwischen Nikotingenuss und der Entwicklung der Erkrankung mit einem 3,5fach erhöhten Risiko aufgezeigt. Zu den zugrundeliegenden Mechanismen, die zu einem erhöhten Risiko für die AMD aufgrund von Rauchen führen, zählen:
- eine verminderte Bildung von sogenannten Radikalfängern,
- ein erniedrigter Spiegel von Abwehrstoffen gegen schädliche Sauerstoffanteile (Antioxidanzien),
- ein Sauerstoffmangel in den Zellen,
- die Bildung von für den Organismus schädliche Formen des Sauerstoffes („reactive oxygen species“) und
- eine gestörte Durchblutung der Aderhaut.
Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen einem erhöhten AMD-Risiko und Ernährungsgewohnheiten, insbesondere fettreichem Essen und Übergewicht, liefern u. a. einige Studien. (s.u.)

Therapeutische Strategien
Zurzeit steht keine effektive Behandlung zur Verhinderung des Fortschreitens der trockenen AMD-Spätform (der geografische Atrophie) zur Verfügung. Allerdings wurden in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte beim Verständnis der Faktoren erzielt, die grundlegend zur Entstehung und Entwicklung der Krankheit beitragen. Dies hat zu einer zunehmenden Anzahl von neuen, potenziell wirksamen therapeutischen Strategien geführt, welche momentan in klinischen Studien geprüft werden (s.u.).
Die Ergebnisse der umfassendsten Studien zum Zusammenhang von Ernährung und AMD, der ARED (Age-Related Eye Disease)-Studien, lassen den Schluss zu, dass die zusätzliche orale, hochdosierte Einnahme von Zink und Antioxidanzien die Entwicklung von einer Zwischenform zu einer späten AMD-Form hinauszögern kann. Allerdings konnte in diesen Studien kein Effekt speziell für die Spätform der trockenen AMD (geografische Atrophie) aufgezeigt werden, d. h. das Wachstum von Atrophie-Arealen – sofern diese bei Erstuntersuchung schon sichtbar waren – konnte nicht beeinflusst werden. Die kürzlich veröffentlichten Daten der AREDS2-Studie schlagen vor, dass die ursprüngliche Zusammensetzung von Nahrungsergänzungsmitteln entsprechend der ersten ARED-Studie mit vergleichbarer Wirkung verändert werden kann, indem Betakarotin gegen Lutein und Zeaxanthin ausgetauscht und die Zinkdosis reduziert wird. Allerdings konnte keine Wirkung bei der zusätzlichen Gabe von OMEGA III-Fettsäuren nachgewiesen werden.

Der Krankheitsprozess (Pathophysiologie) Der Krankheitsprozess der AMD ist durch fortschreitende Veränderungen der äußeren Netzhaut, einschließlich der Fotorezeptoren und des retinalen Pigmentepithels (RPE) sowie der Bruch’schen Membran und der Gefäßschicht der Aderhaut gekennzeichnet. Diese Abbau-Prozesse führen schließlich zum Sehverlust. Zu den frühen Veränderungen zählen:
- Ablagerungen („basal laminar deposits“ und „basal linear deposits“),
- Anhäufung von Zellresten, die für die Drusenbildung verantwortlich gemacht werden (Lipidakkumulationen)
- eine Verdickung im Bereich unter der Netzhaut (der Bruch’schen Membran)
- die Anhäufung von Zellresten in äußeren Netzhautschichten(toxische Fluorophore (Lipofuszin) im RPE),
- die Entstehung von Drusen unter dem RPE
- Veränderungen über dem RPE in Form von netzförmigen Drusen (retikuläre Drusen).
Später zeigen sich ein Gewebeverlust in den äußeren Schichten der Netzhaut mit Verdünnung der Netzhaut, und vor allem dem Verlust von Fotorezeptoren.
Der Krankheitsverlauf der Spätform der trockenen AMD ist noch nicht vollständig verstanden. Nach heutigem Kenntnisstand geht man von einem Zusammenwirken verschiedener Ursachen im Sinne einer Kombination von genetischen und Umweltfaktoren aus.
Verschiedene Entstehungswege im Bereich der Netzhautzellen werden diskutiert. Dazu zählen:
- die verminderte Fähigkeit der Netzhautzellen, Zellbelastungen standzuhalten (oxidativer Stress),
- eine chronische Entzündungsreaktion,
- eine außerordentliche Anhäufung von giftigen Abbauprodukten,
- eine gestörte Immunabwehr (Dysregulation des Komplementsystems)
- eine verminderte Durchlässigkeit der Aderhaut.
Diese Mechanismen könnten bei verschiedenen AMD-Krankheitsverläufen jeweils eine besondere Rolle spielen, wobei momentan nicht bekannt ist, welche Mechanismen für die Spätform der trockenen AMD besonders relevant sind. Weiterhin ist es denkbar, dass individuelle Unterschiede eine wichtige Rolle spielen, die durch verschiedene genetische Ursachen und unterschiedliche Ausprägungsformen der AMD hervorgerufen werden. Für die Forschung und kommende Therapien wird es wichtig sein, die verschiedenen AMD-Typen zu unterscheiden. Nur dann kann eine optimale Therapie und das entsprechende Therapieschema entwickelt werden.
Mittlerweile sind mehrere genetische Veränderungen identifiziert worden, die mit einem erhöhten AMD-Risiko einhergehen. Betroffene Gene deuten u.a. auf einen Einfluss der Immunabwehr (vor allem Komplementfaktor H), den Stoffwechsel der wasserunlöslichen Fettstoffe (Lipidmetabolismus LIPC), die Umgestaltung des Bindegewebes (ARMS2/HtrA1) sowie des Wachstums von Blutgefäßen (Angiogenese) hin.

Klinische Beobachtung
Bei der Betrachtung des Augenhintergrundes (funduskopisch: Stereo-Biomikroskopie) und in der Farbfotografie des Augenhintergrundes zeigt sich die Spätform der trockenen AMD als scharf begrenzte, flächige Gebiete mit Gewebsverlust von äußeren Netzhautschichten (Atrophie-Areale). Größere Gefäße der Aderhaut sind häufig im Bereich dieser Gebiete sichtbar. Kristalline Ablagerungen können im Bereich der trockenen AMD (geografischen Atrophie) vorkommen, während weiche Drusen nur außerhalb von Abbauflächen vorhanden sind. Die Spätform der trockenen AMD kann in Form einzelner (unifokaler) oder mehrerer (multifokaler) Abbaugebiete (Atrophie-Areale) auftreten.
Als Mindestgröße für einen sicheren Befund der Spätform der trockenen AMD wurde unter Studienbedingungen ein minimaler linearer Durchmesser von 175 µm (etwa 1/8 Papillendurchmesser (basierend auf Farb-Fundusphotographie) oder eine Mindestgröße von 0,05 mm2 (basierend auf Fundusautofluoreszenz-Bildgebung) verwendet. Da die räumliche Anordnung dieser Areale sich nicht an anatomischen Grenzen oder Leitstrukturen orientiert und „landkartenartig“ erscheint, hat sich der Begriff „geografische“ etabliert.
Die Definition der Spätform der trockenen AMD beruht auf klinischen (d. h. am lebendigen Auge) und pathologischen (d. h. nach Tod des Patienten und Gewebsaufbereitung der Augen im Labor) Untersuchungen gleicher Augen, die einen Zusammenhang zwischen den sichtbaren Abbaugebieten der Netzhaut am lebendigen Auge und dem Zelltod des RPE, der äußeren Netzhaut, und der unteren Aderhautschicht am Gewebspräparat unter dem Mikroskop erwiesen haben. Unter Verwendung von modernen Untersuchungen der Patienten mit hochauflösenden Bildgebungsverfahren (Fundusautofluoreszenz oder optische Kohärenztomografie (OCT)) können diese Beobachtungen bestätigt werden.
Mit der neueren Form der optischen Kohärenztomografie (dem Spectral-Domain OCT) lässt sich dies gut nachweisen.

Entstehung
Die Spätform der trockenen AMD (geografische Atrophie) tritt in Folge erster Veränderungen wie Abbau von Farbstoffen (Pigmentveränderungen) in der Netzhaut und Drusen auf. Im natürlichen Verlauf der Krankheit können weiche Drusen, also AMD-typische Frühkennzeichen (siehe oben), zu mehreren weichen Drusen zusammenwachsen und zur Entstehung einer Spätform der trockenen AMD führen. Moderne bildgebende Verfahren erlauben tiefere Einblicke in die fortlaufenden Veränderungen von Drusen bis hin zur möglichen Entwicklung der Abbaugebiete. Hierbei gehen äußerlich ähnlich erscheinende Drusen mit unterschiedlichen Signalveränderungen in der SD-OCT und FAF-Bildgebung einher. Seltener führt die spontane Abflachung von Abhebungen der äußersten Netzhautschicht (Pigmentepithelabhebungen) zur Entwicklung der Abbaubereiche.
Wie bereits erwähnt, können sich eine feuchte AMD (chorioidale Neovaskularisation – CNV) und die trockene AMD im gleichen Auge parallel entwickeln oder nacheinander auftreten.
Auch werden Zeichen der Spätform der trockenen AMD nach Netzhautrissen (in der RPE) im Rahmen der AMD beobachtet.
Patienten mit trockener AMD im Zwischenstadium, die Hochrisikomerkmale wie mehrere mittlere oder mindestens eine große Druse sowie Pigmentveränderungen zeigen, haben ein jährliches Veränderungsrisiko von etwa 10-15%, eine späte Form der AMD (geografische Atrophie oder CNV) zu entwickeln.

Natürlicher Verlauf und Progression
Die Spätform der trockenen AMD (geografische Atrophie) zeigt über die Zeit ein kontinuierliches Wachstum der bestehenden und gleichzeitig ein Auftreten von zusätzlichen Abbaugebieten. Typisch ist dabei, dass einzelne Flächen, die Merkmale der trockenen AMD aufzeigen, zusammenfließen. In unterschiedlichen Beobachtungsstudien an Hunderten von Patienten wurde eine mittlere Wachstumsrate zwischen 1,2 und 2,8 mm2 pro Jahr ermittelt. Bemerkenswert dabei ist allerdings, dass in allen Studien ein großer Unterschied der Wachstumsraten zwischen einzelnen Individuen beobachtet wird.

Risikofaktoren in der Struktur der Netzhaut für ein schnelleres Wachstum sind:
- eine größere Gesamtabbaufläche bei der Erstuntersuchung,
- ein schnelles Wachstum im vorangegangen Jahr,
- an verschiedenen Stellen gleichzeitig auftretende trockene AMD (geografische Atrophie) und
- eine Mitbeteiligung des fovealen Zentrums (siehe folgender Abschnitt).
Einen weiteren großen Einfluss haben mittels Fundusautofluoreszenz (FAF-Bildgebung) sichtbare Veränderungen, die im Randbereich der Abbauflächen sichtbar werden, wobei u. a. ein diffuses und bandförmiges FAF-Muster mit einem schnellen Wachstum der AMD in Verbindung gebracht wird. Diese Muster sind entweder durch Areale mit erhöhtem FAF-Muster sowohl im Randbereich der Abbaugebiete als auch weiter außerhalb (diffus) oder durch ein ringförmig erhöhtes FAF-Muster im Abbaurandbereich (bandförmig) charakterisiert.

Foveale Aussparung und topographische Verteilung Die Fovea ist die Stelle des schärfsten Sehens: eine im Zentrum der Makula gelegene Vertiefung. Sie ist ein gefäßfreies Netzhautgebiet mit der höchsten Anzahl an Photorezeptoren. In diesem Areal sind zusätzlich die Nervenfasern der Netzhaut seitlich verlagert, um eine optimale Sehschärfe zu gewährleisten.
Zu Beginn der Erkrankung entsteht der Abbau typischerweise zunächst außerhalb des Zentrums des schärfsten Sehens. Damit verbunden ist das typische Phänomen der „fovealen Aussparung“. In gleichem Zusammenhang wird gelegentlich eine hufeisenförmige oder ringartige Ausbildung der Abbaubereiche um die Fovea beobachtet. Tendenziell ist das Wachstum nach außen Richtung Peripherie (zentrifugal) schneller als Richtung Fovea (zentripetal). Damit wird die Fovea selbst häufig erst im Spätstadium vollständig von der trockenen AMD erfasst. Gleichzeitig sind auch weiter außerhalb gelegene Areale der Makula weniger betroffen.

Nachweisbare Beschwerden
Der substanzielle Untergang mehrerer Gewebeschichten - einschließlich der Fotorezeptoren - im Bereich der Abbaugebiete ist mit einem einhergehenden Verlust von Teilen des Gesichtsfeldes (einem absoluten Skotom) verbunden. Bei typischerweise anfangs außerhalb der Stelle des schärfsten Sehens (der Fovea) auftretenden Abbaus ist bei der Bestimmung der zentralen Sehschärfe (wie während der Routineuntersuchung mittels des Sehtests durchgeführt) die subjektive Seheinschränkung des Patienten kaum nachweisbar. Betroffene – teilweise noch mit voller Sehschärfe - berichten häufig, dass die Zeilen beim Lesen „verspringen“. Dies wird dadurch erklärt, dass längere Wörter mit der verbliebenen und kleiner werdenden Restinsel in der Mitte nicht mehr sicher erkannt werden. Dieses Phänomen erklärt auch, dass die Gesamtgröße der Abbaugebiete mit dem Fernvisus nur gering im Zusammenhang steht.
Wenn dann schleichend auch die Stelle des schärfsten Sehens (Fovea) vollständig mitbetroffen ist, kommt es zu einem erheblichen Abfall des Fernvisus. In diesem Spätstadium steht die Gesamtabbaufläche mit der Verschlechterung des Fernvisus im direkten Zusammenhang. Entsprechend verläuft die Einschränkung des Fernvisus bei Patienten mit geografischer Atrophie typischerweise schrittweise: Während anfangs und im Spätstadium (also nach Einschluss der Fovea) nur eine langsame Verschlechterungen des Fernvisus beobachtet werden kann, ist die Phase, in der die Fovea von der Atrophie erfasst wird, durch einen relativ schnellen Abfall der Sehschärfe gekennzeichnet. Letzterer Übergang äußert sich aber üblicherweise nicht so plötzlich wie beim Auftreten eines Gefäßwachstums bei der feuchten AMD, d. h. es handelt sich um einen Verlust der zentralen Sehschärfe eher über Monate als Wochen. Bei Patienten mit einem Ausgangsvisus ≥ 0,4 liegt das Risiko eines erheblichen Verlustes der Sehschärfe (≥ 3 Zeilen) innerhalb 2 Jahren bei 50%.
Häufig genannte Symptome, bei noch deutlicher fovealer Aussparung, sind der gewachsene Bedarf von hellem, intensivem Licht beim Lesen und reduziertes Dämmerungssehen. Entsprechend zeigt die Überprüfung des Kontrastsehens oder auch die Erhebung der Sehschärfe mit neutralen Reduktionsfiltern eine deutliche Herabsetzung bei Patienten mit geografischer Atrophie.
Mittels funduskontrollierter Gesichtsfelduntersuchung (Mikroperimetrie) können absolute Gesichtsfeldausfälle im Bereich von Atrophie-Arealen bestätigt werden.

Vergleich der Diagnosen – Abgrenzung zu anderen Erkrankungen Grundsätzlich muss die trockene AMD (geografische Atrophie) von Netzhautabbau (Atrophien) durch andere Ursachen unterschieden werden. Insbesondere sind hier verschiedene Formen der Netzhaut- und Makuladystrophien zu nennen. Dabei handelt es sich um eindeutig vererbbare Netzhauterkrankungen mit klar definierten betroffenen Genen (monogenetische heriditäre Netzhauterkrankungen), die ggf. typischerweise eher in jüngeren Jahren als die AMD auftreten, sich aber dennoch auch in einigen Fällen später, d. h. nach dem 50. Lebensjahr, manifestieren. Dazu zählen beispielsweise der Morbus Stargardt (ABCA4-Gen) oder die autosomal dominante zentrale areoläre chorioretinale Dystrophie (CACD - PRPH2-Mutation).
Auch ist eine Entwicklung von zentraler Atrophie nach Entzündungen oder durch schwere Störungen der Durchblutung der Aderhaut im Verlauf denkbar, z. B. flächige (plakoide) Makuladegeneration. Zur Unterscheidung der Atrophie scheint es wichtig, auch die Veränderungen im Randbereich der trockenen AMD (geografischen Atrophie) wie AMD-typische Drusen und Pigmentveränderungen sowie den Befund des Partnerauges einzubeziehen. In diesem Zusammenhang empfehlen die Wissenschaftler speziell den Einsatz der FAF-Bildgebung, die Veränderungen auf RPE-/Fotorezeptorebene, ohne Gabe von zusätzlichen Farbstoffen (wie bei der Fluoreszein-Angiografie) und ohne großen Zeitaufwand ermöglicht.

Therapeutische Ansätze
Das erste Ziel in der Behandlung der AMD ist es, das Fortschreiten der Erkrankung und den Sehverlust zu verhindern bzw. wenigstens zu verlangsamen. Die Forscher haben mit mehreren Schwierigkeiten bei den Studien zu kämpfen:
1. das Fehlen von geeigneten Testverfahren im Labormodell und/oder in Tiermodellen zur Überprüfung der Effektivität von neuen therapeutischen Ansätzen, 2. die geeigneten Messwerte, um die Wirksamkeit von neuen therapeutischen Strategien im Rahmen von Studien am Menschen zu prüfen. Etablierte Messwerte, die bisher im Rahmen von Therapiestudien bei anderen Augenerkrankungen eingesetzt wurden, sind wenig geeignet. Insbesondere ist hier die Bestimmung der zentralen Sehschärfe zu nennen, die aufgrund des typischen Auftretens und Wachstums von Atrophie-Arealen außerhalb der Stelle des schärfsten Sehens die funktionellen Einbußen durch die Erkrankung nur unzureichend erfassen kann. Eine besondere Rolle wird alternativ innovativen bildgebenden Verfahren der Netzhaut zugesprochen.
Mittlerweile stehen mehrere medikamentenbasierte Therapieansätze mit unterschiedlichen Angriffspunkten beim Krankheitsverlauf zur Verfügung und werden bereits in groß angelegten klinischen Prüfungen auf Wirksamkeit und Sicherheit hin untersucht. Dazu zählen u.a.:

Verminderung retinaler Gifte (Toxine),
Entzündungshemmende Wirkstoffe (Anti-inflammatorische Substanzen), Bewahren der Nervenzellen vor dem Absterben (Neuroprotektion), Substanzen, die schädliche Sauerstoffmoleküle abfangen (Antioxidanzien).
Ganz unterschiedlich sind die Darreichungsformen der Medikamente, die von systemisch (oral und intravenös) über lokal (ins Auge (topisch), unter die Bindehaut (subkonjunktival), hinter die Lederhaut (transskleral) und in den Glaskörper (intravitreal)) reichen.

Verminderung retinaler Gifte (Toxine)
Durch die medikamentöse Hemmung des Sehzyklus soll eine Verminderung der schädlichen Anhäufung giftiger (toxischer) Nebenprodukte und damit eine Verlangsamung des Wachstums der Atrophie bewirkt werden. Man könnte dieses Prinzip vereinfacht mit der Leistung eines Motors vergleichen. Durch die Gabe dieser Substanzen sind „hohe Drehleistungen“ des „Motors Sehzyklus“ nicht mehr möglich. Dieser kann nur noch „in Normalbetrieb laufen“, um so diesen vor Schaden zu schützen. Ähnliche Behandlungsstrategien werden in vielen Bereichen der Medizin angewendet, wie beispielweise mit beta-Blockern bei der chronischen Herzinsuffizienz. Ganz entscheidend bei diesem Therapieansatz ist die richtige Dosierung. Ein Herunterfahren des Sehzyklus mit diesen Substanzen bewirkt zunächst Einschränkungen beim Dämmerungssehen. Dagegen wird das Sehen unter Alltagsbedingungen, d. h. bei normalen Lichtverhältnissen, erst bei höherer Dosierung beeinträchtigt.
Fenretinide ist ein dem Vitamin A ähnlicher, abgeleiteter Stoff, der als Tablette eingenommen werden kann. Die Ergebnisse der Phase-II-Studie haben jedoch nicht die gewünschte Wirkung für die Netzhaut aufgezeigt.
Emixustat ist ein Medikament, das ebenfalls als Tablette eingenommen wird. Es greift direkt in den Sehzyklus ein, wirkt also direkt in der Netzhaut. Es wurde allerdings gezeigt, dass diese Effekte nach Absetzen der Therapie und nach einigen weiteren Tagen vollständig rückläufig waren.

Entzündungshemmende Wirkstoffe (Anti-inflammatorische Substanzen) Lampalizumab ist ein Medikament, das jeden Monat oder alle zwei Monate ins Auge injiziert wird. Hierbei handelt es sich um einen Antikörper, der gezielt Teile des Komplementsystems herunterfährt. Die ersten Daten zeigen positive Effekte auf eine Verlangsamung des Wachstums der trockenen AMD (teilweise um 44%). Jetzt steht die Überprüfung der Ergebnisse in einer Phase-III-Studie an.
Eculizumab wird intravenös gespritzt, konnte aber bisher keine positiven Effekte zeigen.
Weitere in Prüfung befindliche Substanzen, die eine Wirkung gezielt auf das Komplementsystem ausüben, sind LFG316 (Novartis), ARC-1905 (Ophtotech) und POT-4 (Potentia Pharmaceuticals).
Außerdem gibt es noch eine Reihe weiterer entzündungshemmender Wirkstoffe, die zurzeit an Patienten untersucht werden, wie Präparate mit kortikosteroider (Iluvien, Alimera Sciences) und immununterdrückender (Sirolimus, Wyeth) Wirkung oder Einfluss auf die Proteine, die das Zellwachstum steuern (Copaxone, Teva Pharmaceuticals).

Bewahren der Nervenzellen vor dem Absterben (Neuroprotektion) Bereits im Jahre 2009 wurden erste positive Ergebnisse im Sinne einer Visus-Stabilisierung und Zunahme der Netzhautdicke zu dem Protein (“Ciliary Neutrophic Factor“ - CNTF, Neurotech) berichtet. Hierbei wird in einem operativen Eingriff ein Implantat in den Glaskörper eingesetzt, das eine genetisch veränderte Zellkultur beinhaltet, die dieses Protein CNTF über einen längeren Zeitraum in den Glaskörper abgibt.
Brimonidin (Allergan) ist ein aus der Glaukomtherapie seit Jahren bekannter Wirkstoff. Er soll schützende Wirkung vor dem Zelltod haben. Bei der Anwendung in der zurzeit laufenden Phase II-Studie wird diese Substanz in Form eines langwirksamen Depotpräparates in den Glaskörper des Auges injiziert. Die Studie läuft noch.

Substanzen, die schädliche Sauerstoffmoleküle abfangen (Antioxidanzien) Mehrere Ansätze mit antioxidativen Substanzen konnten bisher keine sichere Wirksamkeit zeigen.
Die Ergebnisse der umfassendsten Studien zum Zusammenhang von Ernährung und AMD, der ARED (Age-Related Eye Disease)-Studien, lassen den Schluss zu, dass die zusätzliche orale, hochdosierte Einnahme von Zink und Antioxidanzien die Entwicklung von einer Zwischenform zu einer späten AMD-Form hinauszögern kann. Allerdings konnte in diesen Studien kein Effekt speziell für die Spätform der trockenen AMD aufgezeigt werden, d. h. das Wachstum von Atrophie-Arealen – sofern diese bei Erstuntersuchung schon sichtbar waren – konnte nicht beeinflusst werden. Die kürzlich veröffentlichen Daten der AREDS2-Studie schlagen vor, dass die ursprüngliche Zusammensetzung von Nahrungsergänzungsmitteln entsprechend der ersten ARED-Studie mit vergleichbarer Wirkung verändert werden kann, indem Betakarotin gegen Lutein und Zeaxanthin ausgetauscht und die Zinkdosis reduziert wird. Allerdings konnte keine Wirkung bei der zusätzlichen Gabe von OMEGA III-Fettsäuren nachgewiesen werden (s. hierzu die Informationen über die ARED-Studien und die Nahrungsergänzungsmittel der Sehbehindertenverbände).

Klinische Schlussfolgerungen
Nach dem Durchbruch mit den VEGF-Hemmern stellt die Suche nach effektiven therapeutischen Strategien für die trockene AMD (geografische Atrophie) die nächste große Herausforderung dar. Sollten sich in Prüfung befindliche therapeutische Strategien bei der geografischen Atrophie als wirksam erweisen, kämen diese potenziell auch für einen Ansatz bei anderen AMD-Formen in Frage. Visionär wäre eine parallele Behandlung mit VEGF-Hemmern gegen die CNV und mit Medikamenten speziell gegen degenerative AMD-assoziierte Prozesse wie die Atrophie-Entstehung.

Bis zu einem Wirksamkeitsnachweis stehen die bestmögliche Versorgung mit vergrößernden Sehhilfen sowie andere Maßnahmen, wie z. B. eine Kataraktoperation, bei der Patientenbetreuung im Mittelpunkt.

Die ausführliche Literaturliste kann angefordert werden.

Fachwörter und Umschreibungen
absolutes Skotom: Verlust von Teilen des Gesichtsfeldes
Angiogenese: Wachstum von Blutgefäßen
Anti-inflammatorische Substanzen: Entzündungshemmende Wirkstoffe
Antioxidanzien: Abwehrstoffe gegen schädliche Sauerstoffanteile ARED (Age-Related Eye Disease)-Studien: Studien zu den Nahrungsergänzungsmitteln
Atrophie-Areale: scharf begrenzte, flächige Gebiete mit Gewebsverlust von äußeren Netzhautschichten Atrophie-Areale, multifokale: mehrere Abbaugebiete Atrophie-Areale, unifokale: einzelne Abbaugebiete basal laminar deposits und basal linear deposits: Ablagerungen Bruch’sche Membran und retinales Pigmentepithel (RPE): äußere Schichten der Netzhaut
Chorioidea: Aderhaut
Drusen: Ablagerungen von Abbauprodukten in der Netzhaut Dysregulation des Komplementsystems: gestörte Immunabwehr
Epidemiologie: Verteilung und Häufigkeit Funduskopische Stereo-Biomikroskopie: Betrachtung des Augenhintergrundes geografische Atrophie: flächiger Schwund von Netzhautgewebe intermediäre Drusen: mittlere Drusen intravitreale Medikamentengabe: in den Glaskörper
Lipidakkumulationen: Anhäufung von Zellresten
Lipofuszin: Anhäufung von Zellresten in äußeren Netzhautschichten
Mikroperimetrie: Gesichtsfelduntersuchung neovaskuläre AMD: feuchte AMD
Neuroprotektion: Bewahren der Nervenzellen vor dem Absterben
Ophthalmoskopie: Augenspiegel
oxidativer Stress: Zellbelastungen
Pathophysiologie: Krankheitsprozess
Pigmentepithelabhebungen: Abhebung der äußersten Netzhautschicht
Pigmentveränderungen: farbliche Veränderungen am Augenhintergrund reactive oxygen species: für den Organismus schädliche Formen des Sauerstoffes retikuläre Drusen: netzförmige Drusen
Retina: Netzhaut
Sklera: Lederhaut
subkonjunktival: unter die Bindehaut
systemisch: oral und intravenös, über den Mund oder in die Vene gespritzt
topisch: ins Auge
Toxine: retinale Gifte
transskleral: hinter die Lederhaut
VEGF-Hemmer (VEGF = vascular endothelial growth factor): lokaler Wachstumsfaktor der Gefäß-Neuenstehung Visual Cycle Modulators: Verminderung von retinalen Toxinen (Giftstoffablagerungen in der Netzhaut)

Angaben zur Meldung
Quelle: Schmitz-Valckenberg St, Fleckenstein M, Göbel AP, Lindner M, von Strachwitz C., Holz FG (2014) Geographische Atrophie: Differentialdiagnose, Verlauf und aktuelle Therapieansätze. Z. prakt. Augenheilkd 35: 275-286
Datum: 25.11.2014

Wir danken der Fachgruppe „Blickpunkt Auge“ für das Überarbeiten des Originaltextes (Anm. d. Red.)


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