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Wie sieht man, wenn man fast nichts sieht?

Wenn man etwas übersieht, kommt gelegentlich der Spruch zum Tragen „Ich bin heute mit Blindheit geschlagen“. Aber kaum jemand kann nachempfinden, was es bedeutet, wirklich blind zu sein oder kaum noch etwas zu sehen. Die Mitglieder des Blinden- und Sehbehindertenvereins in Dortmund wissen dies sehr genau – und bieten Interessierten die Möglichkeit, zu erfahren, wie ein Mensch mit einer stark verminderten Sehschärfe sieht.

Uns erwartete beim Besuch des BSVDO die Vorsitzende mit verschiedenen Brillen, die diverse Augenkrankheiten simulieren. Zuerst ging es an die mit Visus 0,1 gekennzeichnete Brille. So sieht jemand, der noch 10 % Sehschärfe hat. Schranktüren gezielt öffnen war damit sehr wohl noch möglich. Schwierig wurde es, als es auf den Gang hinaus ging. Schwankend wie auf einem Schiff bei Seegang fühlte sich das Laufen an. Die Konturen waren schon nicht mehr wirklich klar und die Augenfarbe einer anderen Person hätte ich nicht mehr benennen können.

Noch deutlicher wurde das bei der Brille „Visus 0,02“, die eine Sehfähigkeit von nur 2 % simuliert. Mit einer solchen Sehbehinderung gilt man bereits offiziell als blind. Natürlich hatten wir den Vorteil, die Brille abzunehmen und wieder so zu sehen, wie immer. Wenn man sich allerdings vorstellt, grundsätzlich nur so schemenhaft zu sehen, Buchstaben und Zahlen in gewöhnlichen Büchern nicht mehr zu erkennen und klare Details nur noch schemenhaft wahrzunehmen, ist es etwas ganz Anderes.

Eine weitere Brille simulierte mögliche Folgeschäden von Diabetes, eine andere den „Tunnelblick“, der auch „Röhrensehen“ genannt wird. Ich verband den Begriff Tunnelblick bisher mit dem von Sportlern, die sich auf bevorstehende Ereignisse fokussieren. Auch bei der gleichnamigen Augenkrankheit erfolgt eine Fokussierung, denn der Erkrankte sieht nur in einem winzigen Feld der Pupille wirklich klar. Hat man die Brille auf, ist es, als ob man durch einen Türspion schaut. Der Bereich, den man sieht, erscheint seltsam nah und irgendwie vergrößert.

Nachdem alle Simulationsbrillen durchprobiert waren, gab es noch einen kleinen Abstecher in die Welt der Blindenschrift. Diese ist heute dank der modernen Technik in Form von Sprachcomputern nicht mehr so häufig in Verwendung, aber trotzdem faszinierend. Auf einem Kärtchen mit dem Alphabet versuchten wir, die geprägten Zeichen mit den Fingerspitzen zu erkunden und zu erkennen. Draußen im Flur ging es dann ans Entziffern, denn der Lageplan des Blindenvereins ist auch mit Blindenschrift versehen und mit unterschiedlichen Schraffierungen für die verschiedenen Räume.

Wir verabschiedeten uns - um ein paar neue Erfahrungen reicher und mit einer Broschüre versehen über den richtigen Umgang mit blinden Menschen. Denn viele Menschen tun sich leider schwer damit und sind wenig hilfreich, auch wenn sie es eigentlich nur gut meinen. Der Sehbehindertenverein hilft gerne, sich in die Welt der Sehbehinderten und Blinden zu versetzen - für einen besseren Umgang und eine interessante Erfahrung.

Wer Lust hat, die Brillen auch mal auszuprobieren, findet unter www.bsvdo.de alle nötigen Kontaktdaten für den Blinden- und Sehbehindertenverein Dortmund.
Autorin: Bianca Sprungala



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